COHORS VII RAETORVM
Kettenhemd


Geschichtliches

In Keltengräbern wurden Reste von Kettenhemden gefunden, die in die Zeit um 400 v.u.Z datieren. Die Römer haben sie von den Kelten übernommen und ihren Bedürfnissen angepaßt. Kettenhemden wurden noch bis 1910 bei pakistanischen Stammesangehörigen im Kampf getragen. Dies ergibt eine Nutzungsperiode von über 2300 Jahren.

Wirkung

Kettenhemden nehmen dem Schwert die Schärfe/Spitze und einen Teil der Wucht, sie sind geschmeidig und passen sich dem jeweiligen Träger an, damit stellen sie eine geradezu ideale Ausrüstung für große Heere dar, denn sie können in entsprechender Stückzahl vorgefertigt und ausgegeben werden, ohne dass einzeln Maßgenommen werden muß.
Ihr Nachteil der großen Oberfläche, die rosten kann, kommt nur bei Lagerung zum Tragen, wird das Kettenhemd häufig getragen und bewegt, reiben die Ringe aneinander und der Rost wird weitgehend abgescheuert.
Der große Vorteil gegenüber anderer Panzerung liegt in der einfachen Reparatur, zu der nur minimal Werkzeug und Material mitzuführen ist und darin, dass zum Ab- bzw. Ablegen keine Hilfe benötigt wird.


LORICA HAMATA

Die meistgebräuchliche Version ist die 4/1 (vier in eins), bei der in jeden Ring vier weitere Ringe eingehängt sind.


Abb.1 antike Tragweise


Dies ergibt einen Kette-Schuß-Effekt, die Beweglichkeit in den rechtwinklig Richtungen ist ungleich. In Abb.1 ist die Richtung der stärksten Beweglichkeit links/rechts. In Abb.2 wäre dies oben/unten, die jedoch beim Tragen durch das Gewicht des Kettenhemdes stark behindert wird.


Abb.2 im Mittelalter zu findende Tragweise


Typisch für die römischen Kettenhemden war die Verwendung gestanzter Ringe/ Scheiben, die durch Drahtringe miteinander verbunden wurden. Jeder Drahtring wurde in sich vernietet. Kettenhemden mit gestanzten Ringen sind bei gleicher Ringgröße dichter.


Abb.3 links nur runde Drahtringe, rechts flache und runde Ringe alternierend
(die Ringe sind nicht vernietet, die flachen Ringe nicht gestanzt)


Bezieht man die Herstellung der Halbprodukte, wie Draht bzw. Eisenpaltten mit in die Überlegung ein, liegen die Vorteile der Verwendung gestanzter Ringe klar. Es ist um ein Vielfaches einfacher und schneller aus dem Eisenbarren, dem Ausgangsmaterial, eine Platte mit einer Stärke von ca. 1 mm zu schmieden, als einen Draht zu ziehen.
Weitere Vorteile der gestanzten Ringe sind das Fehlen einer Sollbruchstelle, denn die Materialstärke ist durchgängig gleich, und nach dem Einarbeiten ins Hemd entfällt die Notwendigkeit des Vernietens der gestanzten Ringe.
Zum Vernieten des Drahtrings wurden die beiden Enden überlappt, flachgehämmert, ein Loch hineingetrieben, in das ein kleines dreieckiges Stück Metall gesteckt und am spitzen Ende umgehämmert wurde.
Die Ringgrößen und damit das Gewicht der Kettenhemden variierten von 3 mm Innendurchmesser bis zu 8 mm Innendurchmesser. Die Spanne des Gewichts reicht von 7 kg bis 14 kg.
Die römischen Kettenhemden waren weitgeschnitten, wodurch sich Scheinärmel ergeben, und sie endeten etwa eine Handbreite überm Knie. Bis um die Zeitenwende hatten die Kettenhemden im Schulter-Nacken-Bereich eine Dopplung, die mit einem Haken vor der Brust zusammengezogen wurde. Diese entfielen im Laufe des 1.Jahrhunderts.
Das Kettenhemd war Teil der Standardausrüstung der römischen Legionen, bis zum Aufkommen der Schienenpanzer in CLAUDISCHER Zeit und wieder nach ihrem Verschwinden. Bei den Auxiliartruppen hat sich der Schienenpanzer nicht durchgesetzt, hier war das Kettenhemd durchgängig Standard.

Herstellung

Wir leben nicht in der Antike und haben die bequeme Möglichkeit im Fachhandel Eisendraht der verschiedensten Stärken mit Längen, von denen die Römer nur träumen konnten, zu beziehen. Am nächsten an das römische Original kommt gewöhnlicher Eisendraht. Bei den von mir bevorzugten Ringgrößen mit Innendurchmesser von 4 mm ist eine Drahtstärke von 1 mm Durchmesser für die Stabilität ausreichend und gewährt einen hohen Tragekomfort. Die Hemden bestehen aus ca 75 000 Ringen und wiegen ca 7,5 kg.
Die Ringe werden alle selbst hergestellt. Wie bereits vor 2000 Jahren dient dazu ein Metallstab, um den der Draht gewickelt wird.


Die so entstandenen Würmchen (Begriff aus dem MA) werden dann der Länge nach aufgeschnitten und die offenen Ringe sind fertig, sie müssen nur noch zu einem Kettenhemd zusammengesetzt und zu gebogen werden.


Am besten eignet sich ein Paar leicht modifizierte Flachzangen. In die beiden Greifbacken jeder Zange werden je zwei Rillenpaare eingeschliffen, je ein Paar Längsrillen, die verhindern, dass die Ringe beim Zusammendrücken rausspringen, und je ein Paar Querrillen in Form/Größe der zu bearbeitenden Ringe, die für einen sicherne Griff der Ringe sorgen.


Es gibt verschiedene Methoden die Ringe aneinander zufügen, jeden Ring einzeln oder einen geschlossenen mittels eines offenen Ringe ans Gewebe ansetzen. Auch ist es egal, ob man in Längs- oder Querrichtung arbeitet, da findet jeder nach einiger Zeit seine Lieblingsrichtung.

Bisher sind alle Ringe nur stumpf zusammengebogen und nicht genietet, auch die flachen Ringe (Abb.3) sind nicht gestanzt, sondern flachgehämmerte Ringe.
Natürlich wäre kein römischer Soldat mit solchen Hemden in die Schlacht gezogen, und genauso wenig ziehen wir in Schlachten, dafür sind unsere Waffen zu authentisch und das Verletzungsrisiko zu groß.
Auch die Frage, ob Kettenhemden bei Feuerwaffen helfen, sei hier kurz angeschnitten. Sie helfen - aber nur dem, der die Waffe abfeuert! Durch die hohe Auftreffgeschwindigkeit der Geschosse hat das Kettenhemd keine Zeit sich zu verformen und so Energie aufzunehmen, vielmehr brechen die Ringe im Bereich der Einschußstelle und werden mit in die Wunde gerissen. Da ist es günstiger das Kettenhemd vorher auszuziehen.

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